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Aktualisiert am 08.10.2025

Mögliche Neuerungen bei H-1B und L-1 Visa: Was Unternehmen jetzt wissen sollten

Nach der Einführung der 100.000-Dollar-Gebühr für H-1B Visa steht die US-Visapolitik erneut vor möglichen Veränderungen. Mehrere Gesetzes- und Reformvorhaben befinden sich derzeit in Vorbereitung, die H-1B- und L-1-Programme umfassend beeinflussen könnten. Noch ist nichts beschlossen – doch die Richtung ist klar: höhere Hürden, strengere Nachweispflichten und erschwerte Anforderungen an Arbeitgeber.

Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen und zeigen, welche Auswirkungen diese für internationale Unternehmen haben könnten.

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Neue Reform in Diskussion

Aktuelle Entwicklungen: Gebühren, Klagen und neue Entwürfe

Im September 2025 trat die neue 100.000-Dollar-Gebühr für H-1B Anträge in Kraft. Mittlerweile ist klar, dass diese Gebühr zwar ausschließlich für neue H-1B Antragsverfahren gelten wird, nichtsdestotrotz stellt dies für viele Unternehmen und Organisationen in den USA eine erhebliche Zusatzbelastung dar.

Gegen die Maßnahme wurde bereits Klage eingereicht – mehrere Arbeitgeber, Universitäten und Non-Profit-Organisationen in den USA sehen in der Gebühr eine Gefahr für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Das laufende Verfahren könnte die Umsetzung noch verzögern, verändern oder gar verhindern.

Parallel dazu plant das Department of Homeland Security (DHS) neue Regelungen, die das H-1B System strukturell verändern könnten:

  • Reform des H-1B Programms:
    Vorgesehen sind unter anderem strengere Nachweispflichten, höhere Gehaltsniveaus, verstärkte Standortprüfungen und Maßnahmen gegen Mehrfachregistrierungen im Lotterie-Verfahren.
  • Neuausrichtung des H-1B Lotterie-Verfahrens:
    Anträge sollen künftig nicht mehr rein zufällig, sondern stärker nach Gehaltsniveau oder Qualifikationsgrad priorisiert werden.

Beide Entwürfe sind Teil der offiziellen Regulatory Agenda der US-Regierung und befinden sich noch in der Planungsphase.

Der Grassley-Durbin Act

Umfassende Reform für H-1B und L-Visa

Parallel zu den Regierungsentwürfen liegt im Kongress der Grassley-Durbin Act vor – ein Gesetzesvorschlag, der das gesamte H-1B- und L-1 System tiefgreifend neu strukturieren würde.

Die Senatoren Chuck Grassley (Republikaner, Iowa) und Dick Durbin (Demokrat, Illinois) engagieren sich seit vielen Jahren für strengere Regeln und mehr Transparenz in den Arbeitsvisa-Programmen. Bereits mehrere ähnliche Reforminitiativen der beiden wurden in der Vergangenheit eingebracht, konnten im Kongress jedoch nicht verabschiedet werden. Der aktuelle Entwurf greift diese früheren Initiativen auf und erweitert sie um zusätzliche Kontroll- und Nachweisanforderungen.

Das erklärte Ziel bleibt gleich: Missbrauch verhindern und die Programme wieder näher an ihre ursprüngliche Intention führen – den gezielten Einsatz hochqualifizierter internationaler Fachkräfte in Bereichen mit ausgewiesenem Bedarf.

Für H-1B Visa sieht der Entwurf unter anderem vor:

  • Verbindlichere Anforderungen an die Fachrichtung und Qualifikation des Antragstellendens (z. B., dass ein Abschluss direkt mit der beruflichen Tätigkeit verknüpft ist).
  • Verkürzung der maximalen Aufenthaltsdauer auf drei Jahre (mit Ausnahmen bei Green-Card-Prozessen).
  • Einführung eines Priorisierungssystems (z. B. nach Gehalt oder US-Abschluss), statt reinem Zufallsverfahren (Lottery).
  • Verschärfung der Regeln bei „Offsite“-Einsätzen (Third-Party Placements), z. B. noch stärkere Einschränkungen hinsichtlich Outsourcing beim Kunden.
  • Abschaffung der B-1 in lieu of H-1B Kategorie
  • Ausweitung der Audit- und Prüfungsbefugnisse von DOL und DHS – jährlich und ohne Vorwarnung möglich.

Fokus auf L-1-Visa: Strengere Regeln für Intra-Company Transfers

Der Grassley-Durbin Act betrifft auch das L-1 Visum, das für firmeninterne Transfers von Führungskräften und Spezialist:innen genutzt wird. Hier sollen nach deren Auffassung die Anforderungen künftig deutlich steigen.

Kernpunkte für L-1 Visa:

  • Strengere Zulassungskriterien: Unternehmen müssen noch detaillierter belegen, dass entsandte Mitarbeitende über spezielles, unternehmensbezogenes Wissen verfügen, das nicht ohne Weiteres durch US-Arbeitnehmende ersetzt werden kann (L-1B).
  • Einschränkungen bei „Offsite“-Einsätzen: Der Einsatz von L-1 Mitarbeitenden bei Kunden- oder Partnerunternehmen soll nicht mehr oder nur noch in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig sein (mittels Waiver-Anträgen).
  • Neue Vorgaben für „New Office“-Petitionen: Bei neu gegründeten US-Niederlassungen sind umfangreichere Nachweise zu Betriebsplan, Ausstattung und Geschäftsentwicklung erforderlich; erste Genehmigungen sollen auf zwölf Monate befristet werden. Letzteres ist bereits jetzt der Fall, allerdings sollen insbesondere Verlängerungsanträge wesentlich genauer auf die Einhaltung der im Erstantrag angegebenen Details (Business-Plan, HR-Planung etc.) überprüft werden.
  • Lohnanforderungen nach Beschäftigungsdauer: Nach einem Jahr in den USA müssen L-1 Mitarbeitende den jeweils höchsten von mehreren Gehaltsbenchmarks erhalten, etwa den regionalen Medianlohn oder die „prevailing wage“. Bis dato sieht das L-1 Programm keine Restriktionen oder Vorgaben im Hinblick auf das Lohnniveau vor.
  • Schutz vor Verdrängung von US-Arbeitnehmenden: Arbeitgeber sollen sicherstellen, dass L-1 Transfers keine US-Beschäftigten ersetzen – weder in den 180 Tagen vor noch nach dem Einsatz.
  • Erweiterte Prüf- und Sanktionsbefugnisse: Arbeits- und Sicherheitsbehörden (DOL, DOS, ICE) erhalten mehr Rechte für unangekündigte Audits, Standortprüfungen und Sanktionen bei Verstößen.

Die Reform zielt nicht auf die Abschaffung des L-1 Programms, sondern auf dessen stärkere Regulierung. Das Visum bliebe als Instrument für firmeninterne Transfers erhalten, würde jedoch mit noch höheren Hürden und umfassenderen Nachweis- und Berichtspflichten verbunden sein.

Politischer Ausblick

Der Grassley-Durbin Act hat zwar durch seine parteiübergreifende Unterstützung realistische Chancen auf eine ernsthafte Debatte im Kongress, seine endgültige Umsetzung bleibt jedoch offen.
Wirtschaftsverbände und Technologieunternehmen haben bereits signalisiert, dass sie sich im Gesetzgebungsprozess für Änderungen oder Abschwächungen einsetzen werden.

Zudem könnten die bereits bestehenden Maßnahmen, etwa die 100.000-Dollar-Gebühr und die geplanten DHS-Regelungen, den politischen Druck für eine umfassende Reform zunächst reduzieren.
Selbst, wenn der Gesetzentwurf in den kommenden Monaten formell im Kongress beraten wird, müsste er sowohl den Senat als auch das Repräsentantenhaus passieren, bevor er vom Präsidenten unterzeichnet werden kann.

Angesichts dessen gilt eine rechtliche Umsetzung frühestens im Verlauf des Jahres 2026 als realistisch. Unternehmen sollten die Entwicklungen daher aufmerksam, aber mit Augenmaß verfolgen.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Die diskutierten Reformen bei H-1B und L-1 Visa können künftig spürbare Auswirkungen auf internationale Personalstrategien haben. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig auf mögliche Änderungen vorbereiten und ihre Prozesse rechtzeitig anpassen.

  1. Aktuelle Visa- und Personalstruktur prüfen

    Analysieren Sie bestehende H-1B und L-1 Fälle: Welche Mitarbeitenden sind betroffen, welche Verlängerungen stehen an und wo bestehen potenzielle Risiken im Hinblick auf neue Anforderungen oder Prüfverfahren? Eine aktuelle Übersicht erleichtert es, flexibel auf Veränderungen zu reagieren.

  2. Neue Anträge rechtzeitig planen

    Wer neue Fachkräfte über ein H-1B oder L-1 Visum einstellen möchte, sollte frühzeitig mit der Antragseinreichung und Dokumentation beginnen. Eine sorgfältige Planung hilft, Verzögerungen oder Ablehnungen zu vermeiden – insbesondere, wenn strengere Prüfkriterien eingeführt werden sollten.

  3. Alternative Visaoptionen prüfen

    Angesichts der Reformbestrebungen kann es sinnvoll sein, alternative US-Visa zu berücksichtigen – etwa das O-1 Visum für besonders qualifizierte Fachkräfte oder E-Visa für Investoren, Führungskräfte und Fachpersonal. Eine diversifizierte Visastrategire reduziert Abhängigkeiten von einzelnen Programmen. 

  4. Rechtliche Beratung einholen und Strategieabgleich

    Die laufenden Entwicklungen erfordern eine enge Abstimmung mit erfahrenen US-Immigration-Spezialist:innen. Unternehmen sollten sicherstellen, dass interne Richtlinien, Vertragsmuster und Personalprozesse den aktuellen Anforderungen entsprechen und bei Bedarf angepasst werden.

  5. Langfristige Personalstrategie anpassen

    Wer auch künftig auf internationale Talente setzt, sollte regulatorische Entwicklungen regelmäßig beobachten und Szenarien für unterschiedliche Gesetzesausgänge vorbereiten. Eine flexible Personalstrategie schafft Handlungsspielraum und sichert Wettbewerbsvorteile.

Ausblick

Die US-Visapolitik befindet sich in einer Phase der Neuausrichtung. Die Kombination aus der 100.000-Dollar-Gebühr und den diskutierten Reformvorschlägen – insbesondere dem Grassley-Durbin Act – signalisiert eine mögliche Verschärfung der Rahmenbedingungen für Arbeitsvisa.

Eine konkrete Umsetzung dieser Reformen ist jedoch aktuell noch nicht absehbar.

Bis dahin bleibt der rechtliche Status quo bestehen. Unternehmen sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, ohne kurzfristige Maßnahmen zu überstürzen. Entscheidend ist, vorbereitet zu sein, wenn die politische Dynamik an Fahrt aufnimmt.

Als spezialisierte Agentur für US-Visa beobachten wir alle legislativen und regulatorischen Prozesse kontinuierlich und passen unsere Beratungsstrategien entsprechend an. Unternehmen sind gut beraten, frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um Chancen zu erkennen, Risiken zu minimieren und bei neuen Anforderungen handlungsfähig zu bleiben.

Datum:

Aktualisiert am 08.10.2025